Wegwerfwindeln sind ein riesiges Umweltproblem. Im Schnitt verbraucht man für ein vollzeitgewickeltes Baby vom Anfang bis zum Ende der Wickelzeit 6000 Windeln - das ist EINE TONNE Müll. Wenn du dir nun vorstellst, dass Millionen von Babys mit Wegwerfwindeln gewickelt werden, erkennst du vielleicht auch das Dilemma für unsere Umwelt. Leider ist dieser Windelmüll nicht recyclebar und landet meistens auf der Müllkippe, wo er noch ca. 500 Jahre verweilt, bevor er sich vollständig zersetzt hat. (Quelle: Arte Doku "Wickeln, Windeln, Wegwerfen")
Die meisten handelsüblichen Wegwerfwindeln bestehen aus einem Kern aus Superabsorbern und einer Hülle aus Polyethylen, die aus Erdölderivaten hergestellt werden. Zudem sind oft weitere Substanzen enthalten, wie z.B. künstliche Duftstoffe. Die Haut des Babys kommt also unweigerlich mit Chemikalien in Kontakt, im Schnitt 3 Jahre lang fast 24 Stunden am Tag (bei einem vollzeitgewickelten Baby). Zudem ensteht durch die wasserdichte Verpackung Wärme im Inneren der Windel. Ein feuchtwarmes Klima ist ein guter Nährboden für Keime. Hautirritationen bis hin zu Pilzerkrankungen können auftreten.
Mit Stoffwindeln kann man - je nach System - Kunststoffe auf ein Minimum reduzieren oder sogar gänzlich vermeiden. Das bedeudet, dass die Haut in der Windel besser atmen kann. Direkt an die Babyhaut gelangen Stoffe aus natürlichen Fasern, die Feuchtigkeit aufnehmen, wie z.B. Baumwolle. Es gibt keine chemisch erzeugten Superabsorber. Bei Stoffwindeln entscheidest DU, mit welchen Materialien dein Baby in Berührung kommt, je nach System hast du hier verschiedene Möglichkeiten.
Mit Stoffwindeln wickelt man automatisch breiter. Es gibt zwar mittlerweile Systeme, die einen vergleichsweise kleinen Windel-Po erzeugen, doch muss man je nach Saugleistung natürlich mit mehr oder weniger saugendem Stoff arbeiten. Stoffwindeln sind praktisch immer dicker als Wegwerfwindeln und sorgen ganz nebenbei dafür, dass die Beinchen etwas weiter auseinandergespreizt werden (Man spricht auch von der Anhock-Spreiz-Haltung). Diese Haltung kann sich positiv auf die Hüftentwicklung auswirken und einer Hüftdysplasie vorbeugen.
Mit Stoffwindeln ist man tatsächlich näher dran am "Geschäft". Das liegt an verschiedenen Faktoren. Zum einen sind die Wickelintervalle meist kürzer, sodass man häufiger wickelt. In den natürlichen Stoffen der Windel kann man die Menge besser abschätzen, die das Baby in einer gewissen Zeit ausgeschieden hat, was uns Hinweise darauf geben kann, ob es dem Baby gut geht oder nicht. Man merkt oft schneller, ob das Baby gerade gepinkelt hat und kann das mit einem beherzten Handgriff in die Windel auch direkt überprüfen. Das ist praktisch für Eltern, die ihre Babys auch abhalten wollen, da sie so ein Gefühl für die Länge der Ausscheidungsintervalle im Laufe des Tages bekommen. Und zu guter Letzt kommt es bei Stoffwindeln häufiger vor, dass man Hautkontakt mit den Ausscheidungen seines Babys hat und eben auch weiß, wie sich Textilien von Fäkalien reinigen lassen. Dieser Kontakt und das Wissen über die Reinigung sorgt bei den meisten Eltern dazu, dass sie mit den Ausscheidungen gelassener umgehen können und dann wiederum auch eher mal die Windeln weglassen um dem Baby das freie Strampeln oder den Haut-an-Haut-Kontakt zu ermöglichen.
In Wegwerfwindeln wird die Feuchtigkeit durch sogenannte Superabsorber aufgesaugt. Diese haben die Eigenschaft, dass sie extrem große Mengen an Flüssigkeit aufnehmen können ohne sie bei Bewegung oder Quetschen wieder abzugeben. Das Resultat ist ein stets trockener Baby-Po. So hat das Baby mit seinen Ausscheidungen nichts mehr zu tun. Es pullert in die Windel, die Feuchtigkeit wird aufgesaugt und ist dann einfach "verschwunden".
In Stoffwindeln ist das nicht so. Natürliche Fasern saugen Feuchtigkeit auf, fühlen sich dann aber auch feucht an, da sie diese weniger fest in ihren Fasern halten. Je voller die Windel, desto stärker der Effekt. Das führt dazu, dass das Baby einen Zusammenhang zwischen urinieren und dem Gefühl von Nässe entwickelt. Dies kann dazu beitragen, dass das Baby schneller trocken wird.
Keine Sorge! Es gibt auch im Stoffwindelbereich spezielle Einlagen (Stay-Dry-Einlagen), die als Trockenschicht direkt zwischen der Haut und der saugenden Schicht der Windel liegen können. Sie lassen die Feuchtigkeit hindurch, nehmen sie selbst aber nicht auf. Das heißt, auch für diejenigen, die das trockene Hautgefühl bevorzugen oder Babys mit besonders empfindlicher Haut haben, gibt es passende Stoffwindeln.
6000 Wegwerfwindeln kosten eine Menge Geld. Je nach Marke schwankt die Summe hier zwischen ca. 1500 bis ca. 2800 Euro (Zubehör, wie z.B. Feuchttücher und Müllkosten mit eingerechnet). Diese Werte hat Stephanie Oppitz von der Windelmanufaktur berechnet und beschreibt ihre Schätzungen sehr detailiert auf ihrer Seite.
Mit Stoffwindeln liegt man deutlich unter dieses Beträgen. Je nach Windelsystem muss man für eine komplette Stoffwindelausstattung ca. 200-800 Euro einplanen. Die Kosten für das Waschen sind in diesem Betrag noch nicht inbegriffen. Julia L. Schmidt von windelwissen.de macht hier eine detailierte Auflistung der Kosten von Stoffwindeln. Sie kommt zu dem Fazit, dass man nach 3 Jahren Vollzeitwickeln mit Stoffwindeln definitiv einige hundert Euro an Geld spart.
Kauft man seine Stoffwindeln auf dem Secondhand-Markt, näht sie selbst, nutzt sie auch noch für die Geschwisterkinder und/oder kombiniert die Stoffwindeln mit Windelfrei, spart man nochmal einige Euros und auch Ressourcen.
Ein nicht ganz außer Acht zu lassender Aspekt ist natürlich auch das Design. Auch wenn es hier "nur" um Windeln geht, die die meiste Zeit unter der Kleidung getragen und vollgepieselt und gekackt werden, so schlägt doch bei so mancher Mama das Windelherz höher, wenn sie sich in ein neues Design verliebt. So hat man bei Stoffwindeln die Qual der Wahl oder eben die Möglichkeit, seinem Baby ganz nach dem eigenen Geschmack hübsch aussehende Schmuckstücke um den Allerwertesten zu wickeln, die sich gerne sehen lassen ;) .